Kindertrauer
Kindertrauer ist ein tiefgreifendes und oft komplexes Thema, das besondere Aufmerksamkeit und Sensibilität erfordert. Wenn ein Kind einen Verlust erlebt, sei es durch den Tod eines geliebten Menschen, durch die Trennung der Eltern oder den Verlust eines Haustieres, kann dies eine Vielzahl von Emotionen hervorrufen. Sie können Schwierigkeiten haben, ihre Gefühle auszudrücken und je nach Alter des Kindes kann die Komplexität des Todes noch nicht richtig eingeordnet werden. Es ist wichtig, dass Kinder in ihrem Umfeld die Möglichkeit bekommen über ihre Gefühle und Sorgen sprechen zu können.
Bei Kindern sind die Gefühle der Trauer oft sehr sprunghaft und können plötzlich wechseln. Diese sprunghafte Art ist für Erwachsene oft anstrengend, weil sie sich so stark von den eigenen Stimmungen unterscheidet, die oft Stunden oder sogar Tage anhalten. Es gibt ein Bild, das die Unterschiede zwischen einem trauernden Kind und einem trauernden Erwachsenen gut beschreibt: Erwachsene springen in ein Meer aus Trauer, schwimmen und tauchen darin unter. Kinder springen in Pfützen aus Trauer und dann wieder heraus, hinein, heraus. Kinder erleben die Trauergefühle ganz intensiv in einzelnen Momenten und dann ist genauso intensiv ihr gelebter Alltag wieder da. So können trauernde Kinder in einem Moment weinend im Kinderzimmer sitzen und im anderen Moment fröhlich im Garten spielen. Dieses Verhalten kann dazu führen, dass Erwachsene die Trauer von Kindern nicht ernst nehmen und glauben – wer so schnell wieder zum Alltag übergehen kann, ist gar nicht richtig betroffen. Das ist jedoch ein Irrtum. Kinder haben Schwierigkeiten ihre Gefühle differenziert in Worte zu fassen. Sie zeigen ihre Empfindungen stärker über ihr Verhalten als durch Worte. Statt zu sagen „ ich bin so wütend“ setzen sie z.B. Schläge oder Zerstörung gegen Dinge oder sogar Menschen ein. Da Erwachsene oft durch ihren eigenen Trauerschmerz stark beansprucht werden, bedeutet es für die Eltern oft eine enorme Kraftanstrengung, ihre Kinder auf ihrem eigenen Trauerweg zu begleiten. Durch meine langjährige Erfahrung als Kindertrauerbegleiterin, ist es mir besonders wichtig, Kinder und Jugendliche in den Abschieds- und Trauerprozess mit einzubeziehen.
Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass Kinder mit einer guten Vorbereitung und Begleitung durchaus in der Lage sind, sich mit dem Thema Sterben, Tod und Trauer auseinander zu setzten. Sie verfügen über eine natürliche Kompetenz und durch eine aktive Teilnahme an der Aufbahrung und späteren Beisetzung, kann den Kindern die Trauer erleichtert werden. Für die Kinder gehört das Sterben zum Leben. Wir können gemeinsam nach Abschiedsformen suchen, bei denen die Kinder ihren Gefühlen und Gedanken Ausdruck verleihen können, z. B. einen Sarg bemalen, einen Erinnerungsbilderrahmen gestalten, ein Bild malen und als Beigabe in den Sarg legen. Auch Kinderbücher über die Themen Sterben, Tod und Trauer können sehr hilfreich sein, um mit Kindern ins Gespräch zu kommen.
Hier sind einige Punkte, die in der Unterstützung von trauernden Kindern berücksichtigt werden sollten:
1. Offene Kommunikation: Ermutigen Sie ihr Kind, über die/den Verstorbene/n zu sprechen. Fragen Sie nach, was es denkt und fühlt, und hören Sie aktiv zu. Es ist wichtig, dass ihr Kind weiß, dass seine Gefühle legitim sind und dass es darüber sprechen kann.
2. Altersgerechte Erklärungen und Informationen: Kinder verstehen den Tod und Verlust je nach Alter oft anders als Erwachsene. Gerade jüngere Kinder sind meist noch nicht in der Lage, die Komplexität des Todes zu verstehen. Verwenden Sie eine kindgerechte Sprache, um ihrem Kind die Umstände des Todes – auch bei Suizid- zu erklären, und vermeiden Sie beschönigende Ausdrücke wie der Opa ist eingeschlafen oder er ist auf eine lange Reise gegangen. Diese Umschreibungen können bei Kindern eine Verwirrung auslösen. Denn nach einem Schlaf wacht man wieder auf und nach einer langen Reise kehrt man wieder zurück. Es ist wichtig ihnen zu erklären, was es bedeutet „tot“ zu sein. Zu begreifen, dass der nahestehende Mensch tot ist, fällt leichter, wenn man die/den Verstorbene/n im Sarg noch einmal berühren kann und man mit den eigenen Augen sieht, dass dieser Mensch verstorben ist.
3. Emotionale Unterstützung: Kinder benötigen emotionale Unterstützung durch ihr vertrautes Umfeld, um ihre Trauer zu verarbeiten. Nehmen Sie sich Zeit für ihr Kind und zeigen Sie ihm, dass es in Ordnung ist, traurig zu sein.
4. Rituale und Erinnerungen: Das Einbeziehen von Ritualen, wie Gedenkfeiern, das Erstellen eines Erinnerungsbuches, einer Erinnerungskerze oder einer Erinnerungskiste kann Kindern helfen, den Verlust zu verarbeiten und ihre Erinnerungen zu bewahren.
5. Geduld und Zeit: Trauer ist ein individueller Prozess, der Zeit braucht. Seien Sie geduldig und geben Sie ihrem Kind den Raum, den es benötigt, um seine Trauer in seinem eigenen Tempo zu verarbeiten.
6. Professionelle Hilfe: In einigen Fällen kann es hilfreich sein, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, wie etwa von einem/r Trauerbegleiter: in oder einer Kindertrauergruppe um das Kind in seiner Trauer zu unterstützen.
Indem wir Kinder in ihrer Trauer ernst nehmen und ihnen die nötige Unterstützung bieten, können wir ihnen helfen, gesunde Bewältigungsmechanismen zu entwickeln und die schwierigen Emotionen, die mit dem Verlust eines nahenstehenden Menschen verbunden sind, besser zu verstehen.